Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Bad Homburg/Friedrichsdorf

Frölingstraße Richtung Bahnhof vor dem ehemaligen Vickers Gelände

Frölingstraße Richtung Bahnhof vor dem ehemaligen Vickers Gelände © (c) ADFC Bad Homburg/Friedrichsdorf, Thorsten Fogelberg

Stellungnahme zum „VICKERS-AREAL“

Kurzfassung der Stellungnahme des ADFC Bad Homburg / Friedrichsdorf zu der Verkehrsführung Rund um das „VICKERS-AREAL“ aus August 2019

Kurzfassung der Stellungnahme des ADFC Bad Homburg / Friedrichsdorf zu der Verkehrsführung Rund um das „VICKERS-AREAL“1 aus August 2019

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

1. Die derzeit vorliegende Verkehrsplanung entspricht nicht unseren Anforderungen an eine moderne Verkehrsinfrastruktur.
2. Für ein attraktives Wohnumfeld mit geringem Aufkommen an motorisiertem Verkehr und ausreichendem Parkraum sowie einem sicheren Radverkehr sind erforderlich:
a) Bau eines geschützten Radstreifens mit einer Breite von 2,30 m in der Frölingstraße aus Berliner Siedlung/Gartenfeld Richtung Bahnhof
b) Bau eines Radstreifens mit einer Breite von 2,30 m in der Frölingstraße aus Richtung Bahnhof
c) Bau von Radstreifen mit einer Breite von 2,30 m in beiden Richtungen auf der Achse Thomasstraße – Schleußnerstraße – Horexbrücke
d) Fahrradgerechter Umbau der Kreuzungen im Planungsgebiets einschließlich zur Urseler Straße
e) Verbesserte Anbindung des Plangebiets an den ÖPNV und Schaffung weiterer Mobilitätsangebote wie Carsharing, Anrufsammeltaxi und Fahrradabstellplätzen.


II. Unsere Ziele bei der Verkehrsführung „Rund um das Vickers-Areal“

Unsere nachstehend aufgeführten Vorschläge haben folgende Ziele:
• Sichere Verkehrsführung für Schüler der Humboldtschule.
• Sichere Verkehrsführung für alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für Radfahrer und Fußgänger rund um das Plangebiet.
• Sicherstellung eines ausreichenden Stellplatzangebots für Anwohner und Besucher.
• Hohe Wohn- und Aufenthaltsqualität für Bewohner des Vickers-Areals und der Bestandsgebäude.
• Entlastung der Anwohner von Verkehrslärm und Emissionen.
• Erhöhung der Attraktivität des Radverkehrs
◦ im Plangebiet
◦ in der Verbindung von der Innenstadt zum Bahnhof
◦ in der Verbindung von der Innenstadt zum Büro- und Gewerbepark Mitte
◦ von der Berliner Siedlung/Gartenfeld zum Bahnhof und zum Büro- und Gewerbepark Mitte.
• Umsetzung der Zielvorgabe des Radverkehrskonzepts: Steigerung des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen2.


III. Das Vickers-Areal ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet:

• es liegt nur wenige hundert Meter vom Zentrum der Stadt Bad Homburg entfernt,
• zum Bahnhof Bad Homburg sind es nur ca. 600 Meter,
• es liegt direkt neben der Humboldtschule mit einer Sporthalle, die nach Schulschluss auch von Vereinen genutzt wird
• es liegt unmittelbar neben dem Büro- und Gewerbepark Mitte mit zahlreichen Arbeitsplätzen, • zwei wichtige Fahrradachsen laufen durch das Plangebiet:
◦ die Achse aus der Berliner Siedlung/Gartenfeld zum Bahnhof und
◦ die Achse aus Oberursel über den Büro- und Gewerbepark Mitte zur Innenstand.

IV. Regiebuch gibt den Rahmen für unsere Verkehrsplanung vor

Das von der Stadtverordnetenversammlung vor wenigen Wochen verabschiedete Regiebuch enthält Kernaussagen, die bei der Planung des Vickers-Areals und der angrenzenden Verkehrsführung essenziell sind. Diese befinden sich auf den Seiten 52 – 54, 71 und 73 und sind in der Langfassung unserer Stellungnahme detailliert aufgeführt. Mit unseren Vorschlägen setzen wir die Empfehlungen des Regiebuchs konsequent um.

V. Verbesserter Verkehrsfluss und ausreichende Zahl an Stellplätzen

Die von uns nachfolgend vorgeschlagenen Maßnahmen führen zu weniger Autoverkehr und stellen sicher, dass den Anwohner ausreichende Stellplätze zur Verfügung stehen. Gute Radverkehrsinfrastruktur führt dazu, dass ca. 60 % der Auto fahrenden bereit sind, mit dem Fahrrad statt dem Auto zu fahren. In Bad Homburg ist das Potential aufgrund der miserablen Radverkehrsinfrastruktur riesig. Und Bad Homburg hat eine extrem hohe Pkw-Dichte von 667 Pkw pro 1.000 Einwohner3. Studien haben ergeben, dass 25 % der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen unter 2 Kilometern liegen, 50 % sind unter 5 Kilometern und 70 % betragen weniger als 10 Kilometer. Das sind Entfernungen, die heute leicht mit dem (E-)Fahrrad zurückgelegt werden können.

Gerade die Nähe des Vickers-Areals und der Bestandsgebäude zur Innenstadt, dem Bahnhof und dem Büro- und Gewerbepark Mitte lässt vermuten, dass sich dort Personen ansiedeln, die in unmittelbarer Umgebung arbeiten oder mit dem ÖPNV pendeln wollen. Die Nähe zur Kita und den Schulen ist attraktiv für junge Familien, die viele Wege mit dem Rad zurücklegen wollen.

Die aktuelle und dem Bauantragsverfahren für das Vickers-Areal zugrunde liegende Stellplatzsatzung berücksichtigt diese Situation nicht, so dass in der zu errichtenden Tiefgarage mehr Stellplätze gebaut, als von Bewohnern des Vickers-Areals tatsächlich benötigt werden. Diese können an Personen außerhalb des Vickers-Areals vermietet werden und damit den durch die Radwege entfallenden derzeitigen Parkplätze ersetzen, sofern sie trotz der Verbesserung der Infrastruktur noch benötigt werden sollten.

VI. Detailvorschläge zur Erreichung der vorgenannten Ziele

Nach Analyse der Pläne müssen wir feststellen, dass die derzeitigen Vorschläge noch nicht den heutigen Anforderungen an leistungsfähige Radverkehrsanlagen entspricht. Die vorstehend beschriebenen Ziele und die Vorgaben des Regiebuchs lassen sich mit der derzeitigen Planung nicht erreichen. Es sind deutlich zu wenige und zu schmale Radwege geplant. Das Ziel des RVK, den Anteil des Radverkehrs signifikant zu erhöhen, wird nicht erreicht.

Für eine angemessene Verkehrsplanung „Rund um das Vickers-Areal“ sind erforderlich:

1. Frölingstraße
In der Frölingstraße sind die Radverkehrsanlagen nach den Mindestmaßen der ERA 2010 geplant worden. Alle Fachleute sind sich heute einig, dass die Mindestmaße, insbesondere bei hohen Verkehrszahlen entweder des MIV oder des Radverkehrs, zu niedrig sind.

Dieser Abschnitt ist bereits heute durch hohen Schülerradverkehr gekennzeichnet. Dieser wird durch eine verbesserte Radinfrastruktur weiter ansteigen, da Eltern sich dann trauen, Ihre Kinder mit dem Rad in die Schule fahren zu lassen. Das reduziert auch dieWegen, die Eltern mit dem Pkw zurücklegen, um ihre Kinder und Jugendlichen zur oder von der Schule zu begleiten (Eltern-Taxis).“4

In Zukunft wird bei Öffnung der Einbahnstraße in Gegenrichtung für den Radverkehr mit deutlich höherem Radverkehrsaufkommen aus Richtung der Berliner Siedlung/Gartenfeld zum Bahnhof (und umgekehrt) zu rechnen sein.

Gerade in Wohngebieten für junge Familien (wie dem Vickers-Areal) ist der Radverkehr heute durch den vermehrten Einsatz von Lastenrädern und Fahrradanhängern zum Transport von Kindern und Gegenständen gekennzeichnet.

Daher sind die Radwege in beide Richtungen mit einer Mindestbreite von 2,30 m, möglichst als geschützte Radstreifen zu führen. In Frankfurt hat man sich auf diese Breite verständigt5. Allein diese Breite erlaubt die Nutzung mit Anhängern und sicheres Überholen der Radfahrenden. Werden die Radwege schmaler ausgeführt, ist schon jetzt absehbar, dass die Schüler der Humboldtschule die Straße oder den Fußweg benutzen werden, was insbesondere beim Verkehr gegen die Einbahnstraße hoch gefährlich ist.

2. Achse Thomasstraße – Schleußnerstraße – Horexbrücke
In dieser zentralen Achse des Radverkehrs, die die Innenstadt mit dem Bahnhof, dem Vickers-Areal und dem Büro- und Gewerbepark Mitte verbindet, ist eine Führung des Radverkehrs auf Fahrradstreifen neben zwei Spuren des MIV mit Bus- und LKW-Verkehr völlig inakzeptabel.

Bereits das Radverkehrskonzept sieht in Maßnahme 102 für die Thomasstraße die Reduzierung der Fahrspuren von vier auf zwei mit Radstreifen vor, die Stadtverordnetenversammlung hat den Magistrat bereits mit einer entsprechenden Prüfung beauftragt.6 Auch hier ist auf die ausreichende Breite von mindestens 2,30 m zu achten. In der Fortführung zur Horexbrücke über die Schleußnerstraße ist diese Verkehrsführung beizubehalten.

Bei der Planung ist besonders auf sichere Kreuzungen zu achten. Die Mehrzahl aller Unfälle mit Radfahrenden sind Abbiegeunfälle. Bei der Abzweigung zur Frölingstraße wurde eine Fahrradweiche vorgesehen. Diese werden aus Sicherheitsgründen sehr kritisch gesehen, weil der mehrspurige Verkehr gezwungen ist, den Radweg zu kreuzen, was immer wieder zu Gefährdungen oder schweren Unfällen führt. Die Fahrradweiche dürfte heute nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen.

3. Schaberweg
Hier wurden keine Radverkehrsanlagen vorgesehen. Dies ist bei einer Straße mit Regelgeschwindigkeit von über 30 km/h nicht mehr akzeptabel. Auch hier sind daher (geschützte) Radstreifen von mindestens 2,30 m – auch gegen die Einbahnstraße - vorzusehen.

Sollte Tempo 30 eingeführt werden, ist die Einbahnstraße für Radfahrer in Gegenrichtung mit entsprechenden Bodenmarkierungen gemäß ERA freizugeben und zumindest im Bereich des Begegnungsverkehrs sind Radverkehrsmarkierungen vorzusehen.

Im Bereich des Verbrauchermarkts und der Kindertagesstätte ist mit erhöhtem Verkehrsaufkommen zu rechnen. Diese Gebiete möchten Anlieger sicher mit dem Fahrrad, Kindertransporträdern oder Fahrrädern mit Kinderanhängern erreichen. Daher ist gerade dort für eine einladende Infrastruktur für den Radverkehr zu sorgen. Ansonsten ist mit vermehrtem MIV, auch mit „Elterntaxis“, zu rechnen.

Die Bewohner des Vickers-Areals, die mit dem Fahrrad zu ihrer Arbeitsstelle oder dem Einkaufsmarkt in den Büro- und Gewerbepark Mitte fahren, werden immer die kürzeste Verbindung über den Schaberweg und nicht den Radstreifen in der Frölingstraße nutzen – mag er auch noch so attraktiv ausgebaut sein. Auch dies ist ein zwingender Grund, Radverkehrsanlagen im Schaberweg vorzusehen.

4. Urseler Straße
Da der Schaberweg und die Frölingstraße in die Urseler Straße münden, sollten mindestens die Kreuzungsbereiche in die Planung vollumfänglich einbezogen werden. Die Urseler Straße ist Anfahrtsweg zur Humboldt- und Hölderlinschule und sollte in einer sehr kurzfristigen Maßnahme zur Herstellung sicherer Schulwege umgebaut werden.

5. Verbesserter Ausbau des ÖPNV
Das Plangebiet ist bereits jetzt geprägt durch die Nähe zum Bahnhof Bad Homburg und die Haltestellen der Stadtbusse Schleußner- und Frölingstraße. Die Attraktivität des Bahnhofs wird sich zukünftig durch die Anbindung nach Eschborn und den Flughafen über die Regionaltangente West sowie in den Norden von Frankfurt durch die U 2-Verlängerung erhöhen.

Die Verkehrsbelastung durch MIV lässt sich neben der Planung guter Radwege weiter reduzieren, wenn auch die Anbindung des Vickers-Areals durch eine weitere Haltestelle der Stadtbusse im Schaberweg verbessert wird, die unmittelbar zum Bahnhof und in den Büro- und Gewerbepark Mitte fahren.

6. Oberirdische Abstellplätze und Carsharing
Die bisher vorliegenden Pläne lassen keine attraktiven Fahrradabstellplätze im oberirdischen Bereich erkennen. Diese würde nicht nur im Bereich des Vickers-Areals, sondern auch im Bereich der Bestandsgebäude in der Fröling- und Schleußnerstraße die Attraktivität erhöhen. Vielfach werden Bewohner von älteren Häusern von der Fahrradnutzung abgehalten, da sich die Fahrradräume in Keller befinden und die von vielen Bürgern genutzten E-Bikes zu schwer sind, um sie mindestens zweimal täglich über viele Stufen zu heben.

Da immer mehr Bürger nicht nur normale Räder, sondern auch Transporträder und Anhänger (nicht nur für Kinder) nutzen, sollten auch im oberirdischen Bereich sichere und überdachte Abstellplätze auch für diese größeren Fahrzeuge vorgesehen werden.

Carsharing-Parkplätze erhöhen die Bereitschaft, auf ein eigenes Auto zu verzichten, ermöglichen es im Bedarfsfall aber trotzdem, ein Kfz zu nutzen. Hierdurch wird die Anzahl der notwendigen Stellplätze reduziert und Raum für Radverkehrsanlagen geschaffen.

VII. Zusammenfassung
Die derzeit vorliegende Verkehrsplanung ist nicht geeignet, die Anforderungen an eine zeitgemäße Verkehrsführung zu erüllen. Wir bitten den Magistrat und die Stadtverordneten der Stadt Bad Homburg, eine Verkehrsplanung nach den oben beschriebenen Grundsätzen vorzulegen. Dies entspricht dem, was in Städten in unserer Nachbarschaft, wie Frankfurt und Darmstadt, derzeit geplant und umgesetzt
wird.

Für den ADFC Bad Homburg/Friedrichsdorf am 12. August 2019

Patrik Schneider-LudorffRalf Gandenberger
Radverkehrspolitischer Sprecher undSprecher des Arbeitskreises Radverkehr
Vorstand ADFC Hochtaunus e.V.ADFC Bad Homburg/Friedrichsdorf

1 Planungsstand zum 22. August 2019, Basis Flyer „Bürgerinformation im Kurhaus“
2 S. 3 des Erläuterungsberichts zum RVK vom September 2018
3 Regiebuch S. 53
4 Regiebuch S. 75
5 Vgl. dazu Magistratsvorlage von CDU, SPD und GRÜNEN in Frankfurt vom 18.06.2019 Nr. 895, abrufbar unter https:// www.radentscheid-frankfurt.de/wp-content/uploads/2019/07/NR_895_2019.pdf; ebenso in Darmstadt beim Umbau
Rheinstraße, Magistratsvorlage 2019/0015
6 Drs-Nr. 16/855

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