Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Bad Homburg/Friedrichsdorf

Schüler von hinten auf dem Radfahrstreifen des Hindenburgrings

Schüler auf dem Hindenburgring © (c) ADFC Ralf Gandenberger

Forderungen für Bad Homburg

Unsere Forderungen für den Radverkehr in Bad Homburg

I Ausgangssituation und Ziele

Die große Mehrzahl der Kommunalpolitiker und die Stadtverwaltung in Bad Homburg sehen erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Radverkehrsinfrastruktur. In den Jahren 2017 und 2018 wurde daher ein Radverkehrskonzept (RVK) erarbeitet, dem die städtischen Gremien zugestimmt haben.

Auch bei der Bürgerbeteiligung des Stadtentwicklungskonzepts „Fokus Bad Homburg 2030“ war eine bessere Radverkehrsinfrastruktur der von den Bürgerinnen und Bürgern mit deutlichem Abstand am häufigsten geäußerte Wunsch. Der Dokumentation „Integriertes Stadt-Entwicklungskonzept Bad Homburg 2030“ (Regiebuch) haben die städtischen Gremien als Grundlage für das Verwaltungshandeln zugestimmt. Das Regiebuch bindet damit den Magistrat der Stadt Bad Homburg und gibt insbesondere in den Kapiteln 5.1 und 5.2. den Rahmen für eine moderne Verkehrsplanung vor. Unsere hier auf gestellten Forderungen stehen in vollem Einklang mit dem Regiebuch.

Uns liegt die Sicherheit von Schulkindern und Seniorinnen und Senioren besonders am Herzen. Darüber hinaus verfolgen wir das Ziel des RVK, den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen signifikant zu steigern. Gute Radverkehrsinfrastruktur führt dazu, dass ca. 60 % der derzeit Auto fahrenden bereit sind, auf das Fahrrad umzusteigen. 19 % der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen liegen unter 2 Kilometern, 43 % sind unter 5 Kilometern und 64 % betragen weniger als 10 Kilometer1. Das sind Entfernungen, die heute leicht mit dem (E-)Fahrrad zurückgelegt werden können. Es besteht also ein riesiges Potential zur Steigerung des Radverkehrs mit all seinen positiven Folgen für Gesundheit, Umwelt, Lärm und Lebensqualität. Unsere Vorschläge ergänzen das RVK bzw. ersetzen verschiedene dort aufgeführte Maßnahmen.

 

II Unsere Forderungen im Einzelnen:

1. Sicheres und durchgehendes Netz für alle Radfahrenden Es wird in Bad Homburg ein sicheres durchgehendes innerstädtisches Netz für Radfahrende angelegt bzw. das Bestandsnetz optimiert. Besondere Bedeutung haben dabei direkte und möglichst vom motorisierten Verkehr getrennte Verbindungen:

  • aus den Stadtteilen in die Innenstadt von Bad Homburg,

  • vom Bahnhof in die Innenstadt,

  • vom Bahnhof in die Stadtteile,

  • aus dem Umland, insbesondere aus Oberursel und Friedrichsdorf, nach Bad Homburg,

  • an den geplanten Radschnellweg.

Innerhalb dieses Netzes für Radfahrende ergeben sich folgende Kategorien: I RADVERKEHRSACHSEN: überwiegend an Hauptverkehrsstraßen (z.B. Urseler Straße, Hessenring, Hindenburgring, Schleußner- oder Dietigheimer Straße). II INNERSTÄDTISCHE VERBINDUNGSWEGE: Verbindungen zur Erreichung von wichtigen innerstädtischen Zielen (Läden, Rathaus, Behörden, Ärzte, Schulen), z.B. Louisenstraße, Schöne Aussicht, Kaiser-Friedrich-Promenade, Saalburgstraße, Lindenstraße, Kirdorfer Straße, Frankfurter Landstraße, Ober-Eschbacher Straße. III NEBENSTRASSEN, NATUR- UND FREIZEITWEGE: haben eine wichtige Ergänzungsfunktion für sicheres Radfahren mit idR. geringerer Verkehrsbelastung. IV RADSCHNELLWEGE: ermöglichen das schnelle Fahren und insbesondere das berufsbedingte Pendeln zwischen Friedrichsdorf, Bad Homburg und Oberursel sowie nach Frankfurt. 1.1. Radverkehrsachsen (Kategorie I) Die Stadt Bad Homburg wird kontinuierlich an diesen Straßen in ihrer Baulast mindestens 2 km pro Kalenderjahr neue Radverkehrsanlagen schaffen bzw. alte umbauen. Erforderlichenfalls werden hierzu auch Autospuren umgewandelt oder Einbahnstraßen eingerichtet. Alle Radverkehrsanlagen:

  • haben eine Regelbreite von mindestens 2,30 m je Richtung

  • werden durch bauliche Maßnahmen getrennt von anderen Verkehrsarten errichtet und effektiv von Kraftfahrzeugen freigehalten

  • sind einheitlich, ohne Senken, mit leicht befahrbarem Belag und ohne Unterbrechungen

  • werden nicht zu Lasten des ÖPNV und der Fußgänger errichtet.

Vorrangig sollten folgende Straßen mit hoher Bedeutung für sichere Schulwege und als Verkehrsachsen umgestaltet werden:

  • Alle Straßen „Rund um das Vickers-Areal“ gemäß den Vorschlägen des ADFC2

  • Urseler Straße komplett

  • Hessenring komplett

  • Hindenburgring komplett

  • Saalburgstraße (zweispuriger Teil nahe Innenstadt)

  • Dietigheimer Straße

  • Höllsteinstraße

1.2. Innerstädtische Verbindungswege (Kategorie II) Innerstädtische Verbindungswege haben eine relativ hohe Verkehrsbelastung, derzeit ist der Raum für eine geschützte Radinfrastruktur jedoch noch nicht vorhanden. Unsichere Radfahrende fühlen sich hier häufig bedrängt und gefährdet. Die Stadt Bad Homburg wird daher kontinuierlich an diesen Straßen neue Radverkehrsführungen von mindestens 2 km pro Kalenderjahr schaffen bzw. alte umgestalten. Angestrebt werden Radverkehrsführungen mit einer Regelbreite von 2,30 m, erforderlichenfalls werden hierzu Einbahnstraßen eingerichtet und die Verkehrsführung geändert. Sollte die Breite von 2,30 m gleichwohl nicht erreicht werden können, werden andere Vorkehrungen getroffen, um eine hohe Sicherheit für den Radverkehr zu erreichen (z.B. ein Radweg in beide Richtungen, Ausweichstellen, Beschilderung). Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wird maximal 30 km/h betragen. 1.3. Nebenstraßen sowie Natur- und Freizeitwege (Kategorie III) Die Stadt Bad Homburg wird mindestens 2 km pro Kalenderjahr Nebenstraßen sowie Natur und Freizeitwege für den Radverkehr attraktiv umgestalten. Dies geschieht bevorzugt vor Kitas und Schulen, in Wohngebieten und Bereichen mit punktuell hoher Verkehrsdichte. Die bloße Einrichtung von Tempo 30-Zonen ohne weitergehende schützende Maßnahmen reicht nicht aus. Diese Verbindungswege zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:

  • Ausweisung von Fahrradstraßen oder Fahrradzonen ohne Kfz-Durchgangsverkehr;

  • Aufpflasterung von Einmündungen aus Seitenstraßen bei Führung des Radwegs auf Gehwegniveau

  • Freihalten von Sichtachsen, insbesondere an Kreuzungen, z.B. durch Wegfall und ggf. bauliche Einfassung von Stellplätzen („Gehwegnasen“)

  • Schaffung von Sackgassen, Sperrung von Durchfahrten zur Eliminierung des Durchgangsverkehrs bei Offenhaltung für Fahrrad- und Fußverkehr.

  • Schaffung von für Fahrräder durchgehend erschlossenen und ausgebauten Wegen entlang der Bäche und Grünachsen zwischen allen Stadtteilen und der Innenstadt.

1.4. Attraktiver Radschnellweg durch Bad Homburg (Kategorie IV) Die Stadt Bad Homburg beteiligt sich aktiv an der Planung und zügigen Umsetzung eines attraktiven Radschnellwegs. Sie nimmt eine führende Rolle bei dem Radschnellweg FRM 5 Vordertaunus ein und stellt ausreichenden Straßenraum und finanzielle Mittel zur Verfügung, damit die Anforderungen an Radschnellwege weitestgehend erfüllt werden können. 2. Kreuzungen werden für den Fuß- und Fahrradverkehr sicherer Die Stadt Bad Homburg wird mindestens eine Kreuzung pro Kalenderjahr in ihrer Baulast fußgänger- und fahrradsicher und -freundlich umbauen. Dabei werden auch Kreuzungsvarianten nach Kopenhagener und niederländischem Vorbild in die engere Planung einbezogen. Möglichkeiten sind hier konkret:

  • Die Verbesserung der Sichtbeziehungen im Kreuzungsbereich durch die Schaffung von Fahrradabstellplätzen statt Autoparkplätzen,

  • die Einrichtung von „Gehwegnasen“ für Fußwege

  • die Einrichtung von „Vorstreckungen“ für Autofahrer und Autofahrerinnen (Abbiegen im rechten Winkel). Auf Erfahrungen aus anderen Städten ist hierbei zurückzugreifen.

Vorrangig erfolgt der Umbau folgender Kreuzungen (Priorisierung):

  • Urseler Straße – Jacobistraße – Feldbergstraße (hohe Bedeutung für sichere Schulwege)

  • Urseler Straße – Hindenburgring – Hessenring (hohe Bedeutung für sichere Schulwege)

  • Hindenburgring – Dietigheimer Straße – Ritter-von-Marx-Brücke – Saalburgstraße

  • Dietigheimer Straße – Höhestraße

  • Marienbader Platz – Hessenring

  • Louisenstraße - Ferdinandstraße

3. Deutlich mehr Fahrradparkplätze Die Stadt Bad Homburg wird mindestens 100 weitere Fahrradparkplätze pro Kalenderjahr errichten. Dies beinhaltet im wesentlichen Fahrradbügel, überdachte Abstellanlagen, Doppelstockparker, Fahrradboxen an ÖPNV-Haltepunkten und Fahrradgaragen in Wohnquartieren. Ausgewählte Stationen werden mit Druckluft-Service-Stationen und Batterielademöglichkeiten ausgestattet. 4. Bauliche Anforderungen bei Neubaumaßnahmen und im Bestand Bei Neubaumaßnahmen sind die üblichen Maßnahmen zur Gliederung des Straßenraums zu hinterfragen und innovative Ansätze zu prüfen, die eine bedarfsorientierte Führung des Radverkehrs ermöglichen und Konflikte zwischen Fuß-, Rad-, Autoverkehr und anderen Verkehrsarten minimieren. An potenziellen Gefahrenstellen wird die Radverkehrsführung durch Einfärbung visuell hervorgehoben. Im Zuge der Umgestaltung sind ebenfalls zu prüfen:

  • die Ampelschaltungen (ausreichende Länge der Grünphase, um Straßen in einer Ampelphase mit dem Rad zu queren),

  • oder alternativ ausreichende Größe von Verkehrsinseln, auch für Lastenräder/Fahrräder mit Anhängern,

  • grüne Welle für Radfahrer / Grünschaltung für Radfahrer vor dem motorisierten Individualverkehr (MIV), um Einfahrt in die Kreuzung zu ermöglichen,

  • Vorrangschaltungen für Radfahrer an Ampeln, um die Wartezeiten deutlich zu verkürzen.

5. Kommunikation und Vorbildfunktion: Kampagne für eine fahrradfreundliche Stadt Die Stadt Bad Homburg wirbt auf allen Ebenen von Politik und Verwaltung für die Nutzung des Fahrrads als gleichberechtigtem Verkehrsmittel. Ziel der Förderung ist es, den Radverkehrsanteil und die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer*innen im Straßenverkehr deutlich zu erhöhen. Schwerpunkte sollen insbesondere gezielte Aktionen in Kitas und Schulen, öffentlichkeitswirksame Werbemaßnahmen für den Fahrradverkehr sowie die Förderung des betrieblichen Mobilitätsmanagements sein. Sie fördert auch Lastenfahrräder. Die Stadt Bad Homburg richtet einen regelmäßig stattfindenden „Runden Tisch Radverkehr“ ein. Teilnehmer sind die Stadtverwaltung, der ADFC, Institutionen, Schulen und situativ Sportvereine, Polizei und weitere Interessengruppen. Ziel ist, den Umsetzungsprozess der einzelnen Maßnahmen vorzubereiten und zu begleiten. Weiterhin sollen auch sonstige Aspekte der Verkehrspolitik im Allgemeinen und des Radverkehrs im Besonderen informell besprochen und Anregungen gegeben werden können.

 

III Finanzielle und personelle Ausstattung

1. Finanzielle Ausstattung Für die vorstehenden Maßnahmen stellt die Stadtverordnetenversammlung einen speziell auf den Radverkehr allokierten Betrag von mindestens € 1,5 Mio. für Planung und Bau pro Jahr zur Verfügung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gute Radverkehrsanlagen derzeit vom Land Hessen mit einem Anteil von idR. 70 % gefördert werden, so dass es sich – eine Beibehaltung der aktuellen Förder politik unterstellt – in dieser Höhe um eine Vorfinanzierung handelt. 2. Personelle Ausstattung Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen stellt die Stadt Bad Homburg für den gesamten Umsetzungszeitraum mindestens folgendes zusätzliches qualifiziertes Fachpersonal ein:

  • 1 Vollzeitstelle im Büro der Radverkehrsbeauftragten

  • 1 Vollzeitstelle in der Straßenbaubehörde

  • 2 Vollzeitstellen im Fachbereich Stadtplanung/Verkehrsplanung, bevorzugt Radverkehrsplaner.

1Mobilität in Deutschland 2017, Ergebnisbericht, Abbildung 42; Tabellen zu Mobilität in Deutschland 2017, Tabelle A W12 Wegelänge
2Kurzfassung abrufbar unter https://bad-homburg.adfc.de/artikel/stellungnahme-zum-vickers-areal

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