Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Bad Homburg/Friedrichsdorf

Stellungnahme zur Städtebaulichen/Verkehrlichen Neuordnung des Schulbergs

Stellungnahme zur Städtebaulichen/Verkehrlichen Neuordnung des Schulbergs in Bad Homburg vom März 2020

Wir bedanken uns für die Möglichkeit, zur Neuplanung des Schulbergs Stellung nehmen zu können. Grundlage unserer Stellungnahme sind die Vorplanungen der Stadt Bad Homburg in den Varianten Schutzstreifen vom 19.02.2020 und Fahrradstraße vom 17.12.2019, eine Gremienvorlage hatten wir nicht. Wir haben die derzeitige Planung so verstanden, dass die Belastung mit Pkw-, Bus- und
Lieferverkehr wie bisher bleiben soll.

1. Zusammenfassung unserer Ergebnisse
• Wir schlagen eine Fahrradzone für den Gesamtbereich vor.
• Das gesamte Quartier muss sofort nach Abschluss der Bauarbeiten gemäß Beschluss des Verkehrsausschusses vom 28.08.2019 verkehrsberuhigt werden.
• Wir bevorzugen die größere Straßenbreite der „Variante Schutzstreifen“.
• Der Bereich der Bushaltestelle sollte so angepasst werden, dass keine entgegenkommenden Radfahrer gefährdet werden.

2. Anmerkungen zur Variante Schutzstreifen
Die „Variante Schutzstreifen“ wird bei der vorhandenen Straßenbreite von 10 m durch Gehwegbreiten von 2,50 m bestimmt. Die Fahrbahn hat eine Breite von 5 m, der Verkehr wird bergauf ab der Einmündung Herrngasse als Einbahnstraße geführt, die Einbahnstraße wird für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben. Für den gegen die Einbahnstraße fahrenden Radverkehr wird ein „Schutz“streifen von 1,50 m auf die Fahrbahn gezeichnet. Die Geschwindigkeit in dem Bereich von der Einmündung Herrngasse bis zur Haingasse wird auf 30 km/h beschränkt. Gegenfalls soll für diesen Bereich auch ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit einer Zonen-Geschwindigkeit von 20 km/h eingerichtet werden, der nach unserer Meinung dann auch Wallstraße und Haingasse
umfassen sollte.

Wir halten die Breite der Gehwege von 2,50 m für angemessen. Eine weitere Verbreiterung zu Lasten des begrenzten Straßenraum wie in der „Variante Fahrradstraße“ befürworten wir nicht.

Die Freigabe der Einbahnstraße und die Einrichtung des „Schutz“streifens ist in der vorliegenden Variante akzeptabel1, da dem motorisierten Verkehr hierdurch signalisiert wird, dass Radfahrer entgegen kommen können. Auch die Breite von 1,50 m ist aufgrund der vorhandenen Gesamtbreite der Straße akzeptabel.

Zusätzlich sollten noch Fahrradpiktogramme bergauf Richtung Louisenstraße aufgezeichnet werden.

Im Bereich der Bushaltestelle beträgt die Straßenbreite insgesamt 17,10 m, die Fahrbahnbreite beträgt hier insgesamt 5,50 m. Das halten wir für zu schmal. In diesem Bereich sollte durch Verringerung der sehr breiten Gehwege die Fahrbahn so verbreitert werden, dass entgegenkommende Radfahrer nicht - wie bisher - durch haltende Linienbusse überholende Fahrzeuge gefährdet werden. Überholende Pkw-Fahrer werden erfahrungsgemäß immer den „Schutz“streifen überfahren, um haltende Busse zu passieren.

Wichtig ist uns, dass sofort, aber spätestens mit dem Abschluss der Baumaßnahmen am Schulberg auch die Maßnahme 067 des Radverkehrskonzepts (Freigabe Louisenstraße/Löwengasse) umgesetzt wird, wie dies bereits der Verkehrsausschuss am 16.10.2019 einstimmig beschlossen hat.

Elementar für die Verkehrssicherheit am Schulberg ist, dass spätestens mit Abschluss der Baumaßnahmen der einstimmige Beschluss des Verkehrsausschusses vom 28.08.2019 (TOP 9 der Niederschrift) umgesetzt wird.

3. Anmerkungen zur Variante Fahrradstraße
Fahrradstraßen sollen vor allem dem Radverkehr vorbehalten werden, anderer Fahrzeugverkehr ist nur ausnahmsweise zugelassen2. Aufgrund der derzeitigen Planung, bei der die Belastung mit Pkw-, Bus- und Lieferverkehr unverändert bleiben soll, halten wir eine Fahrradstraße für zu gefährlich. Der motorisierte Verkehr wird nicht deutlich auf entgegenkommende Radfahrer hingewiesen, wie dies
durch den „Schutz“streifen der Fall ist. Dies gilt umso mehr, als nach derzeitiger Planung die gesamte Fahrbahnbreite lediglich 4,80 m betragen soll.

Auch in dieser Variante sollte der Straßenbereich um die Bushaltestelle deutlich verbreitert werden, um Radfahrer nicht zu gefährden. Die Umsetzung der Maßnahme 067 des Radverkehrskonzepts ist auch hier wichtig.

4. Vorschläge zur gesamten Verkehrsplanung
Die Sicherheit des Fuß- und Radverkehrs auf dem Schulberg wird elementar durch die Verkehrsbelastung des gesamten Quartiers bestimmt. Dieses umfasst alle Straßen in einem Bereich, der von Hindenburgring/Dietigheimer Straße – Ritter-von-Marx-Brücke - Höhestraße - Kaiser-Friedrich-Promenade begrenzt wird. Damit muss für eine zeitgemäße Verkehrsplanung neben dem Schulberg zumindest auch die Haingasse einbezogen werden.

Die vorliegende Verkehrsplanung berücksichtigt diesen Aspekt nicht und leidet insbesondere darunter, dass der einstimmige Beschluss des Verkehrsausschusses vom 28.08.2019 nicht umgesetzt wird. Seit dem Beschluss sind nunmehr bereits 6 Monate verstrichen, die Baumaßnahmen am Schulberg sollen erst im September 2020 beginnen und werden sich dem Vernehmen nach bis Mitte 2021 hinziehen. Wir halten die Zeit für ausreichend, eine Verkehrsplanung aus einem Guss vorzulegen. Der Verkehrsausschuss bittet den Magistrat, seinen Beschluss bei der Umbauplanung des Schulbergs zu berücksichtigen. Dies lässt sich der vorliegenden Planung nicht entnehmen.

Geradezu grotesk wäre es, das Gebiets nach monatelanger Bauzeit ohne Umsetzung des Beschlusses wiederzueröffnen, den Beschluss aber später umzusetzen. Das würde sicher kein Bürger verstehen, zumal dies mit einer erneuten Sperrung wegen Bauarbeiten in der Haingasse verbunden wäre.

a) Reduzierung der Verkehrsbelastung im Gesamtbereich
Wir halten es für wichtig, die Verkehrsbelastung im oben definierten Quartier deutlich zu reduzieren. Hierzu hat der Verkehrsausschuss Einfahrtsbeschränkungen, den Entfall der Parkplätze in der Haingasse und die Öffnung von Gymnasiumstraße und Haingasse für den Radverkehr entgegen der Einbahnstraßen vorgeschlagen. Wir unterstützen diese Vorschläge ausdrücklich!

Allein durch den Entfall der Parkplätze wird Parksuchverkehr verhindert. Der Wegfall der Parkplätze hat auch positive Auswirkungen auf den Einzelhandel. Denn
• die Anzahl der Parkplätze ist so gering, dass ohnehin nur ein Bruchteil der potentiellen Kunden einen Parkplatz finden würde,
• in unmittelbarer Nähe sind zwei Parkhäuser mit moderater Auslastung vorhanden, bei denen die Parkgebühren auch teilweise geringer als auf der Straße sind,
• viele Studien zeigen, dass durch bessere Erreichbarkeit über Fuß- und insbesondere Radwege der Umsatz der Einzelhändler ansteigt3.

Wir unterstützen neben der Verbesserung des Radverkehrs auch das im Regiebuch genannte Ziel der Optimierung von Bussen und Bahnen4. Allerdings befahren den Bereich Schulberg – Haingasse derzeit ca. 400 Busse täglich. Diese Verkehrsbelastung halten wir für deutlich zu hoch, es sollte daher dringend über alternative Busrouten, z.B. über die Höhestraße, nachgedacht werden, wodurch der Bereich der Arztpraxen und Einzelhandelsgeschäfte mindestens genauso gut angebunden wäre. Weiterhin sollte kurzfristig überlegt werden, wo noch weitere Umsteigepunkte im Stadtbussystem eingerichtet werden können, um größere Teile der Stadt in kürzeren Taktzeiten zu bedienen und das Verkehrsaufkommen im Stadtzentrum zu reduzieren. Die Erreichbarkeit des Stadtzentrum, insbesondere der Geschäfte und Arztpraxen, würde sich nicht verschlechtern, allerdings stiegen Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit im Bereich Schulberg – Haingasse erheblich. Auch dies kommt unmittelbar den Geschäften in diesem Bereich und der Wallstraße zugute.

b) Vorschläge für Verkehrsregelungen im Gesamtbereich
Die Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im gesamten Quartier, d.h. auch in der Straße „Ritter-von-Marx-Brücke“, auf höchstens 30 km/h ist für Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität essentiell.

Der Gesamtbereich eignet sich nach unserer Überzeugung hervorragend für eine Fahrradzone5. Die durch die StVO-Novelle 2020 eingeführte Fahrradzone kombiniert – grob gesagt – die Regelungen einer Tempo-30-Zone mit denen einer Fahrradstraße. Da Fahrradzonen grundsätzlich Radfahrern und Elektrokleinstfahrzeugen (E-Rollern) vorbehalten sind, lässt sich hierdurch der
Durchgangsverkehr sehr gut ausschließen, für den gewollten Verkehr kann die Nutzung durch Zusatzzeichen zugelassen werden. Hierdurch kann z.B. das Befahren für Bewohner, Busse, Lieferverkehr und die Zufahrt zu den Parkhäusern ermöglicht werden. Hierdurch ließe sich auch die Anzahl der erforderlichen Verkehrsschilder reduzieren und bisherige Mängel beseitigen6. Der
Kennzeichnung eines „Schutz“streifens würde es dann nicht mehr bedürfen, die für die „Variante Schutzstreifen“ vorgesehene Fahrbahnbreite sollte beibehalten werden.

Durch eine Fahrradzone könnten Politik, Stadt und Straßenverkehrsbehörde ein Zeichen setzen, dass tatsächlich die Aufenthaltsqualität erhöht werden soll und die Förderung des Radverkehrs ernst gemeint ist.


1 Schutzstreifen lehnen wir allerdings grundsätzlich an Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h ab, da diese nicht schützen, sondern den Radfahrer durch einen typischerweise deutlich zu geringen seitlichen Überholabstand eher gefährden
2 Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) 2010, Ziffer 6.3
3 In Madrid ist nach der Verkehrsberuhigung und dem Ausbau des Radverkehrs der Umsatz des Einzelhandels 2018/2019 um 9,5% gestiegen: https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/weniger-autos-mehr-umsatz-fur-die-laden-imstadtzentrum
4 S. 70 ff Dokumentation INTEGRIERTES STADTENTWICKLUNGSKONZEPT BAD HOMBURG2030
5 § 45 Abs. 1i iVm. Zeichen 244.3 StVO
6 So ist z.B. die Altstadt noch immer nicht für Radfahrer freigegeben (trotz der Bitte des Ortsbeirats Innenstadt), die Alte Mauergasse und Elisabethenstraße sind noch nicht vollständig für Radfahrer in Gegenrichtung freigeben, auf der Rittervon-Marx-Brücke herrscht noch immer Tempo 50 etc

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